Tanzkritik

The Good, The Bad and the „MÁM”

„Die menschliche Seele ist ein Schlachtfeld, auf dem Gott und der Teufel um die Vorherrschaft kämpfen.“ (Aus Fjodor Dostojewskis „Die Brüder Karamasow“)

In MÁM, der eindrucksvollen Tanzproduktion von Michael Keegan-Dolan und seiner Compagnie Teaċ Daṁsa  wird der ewige Kampf zwischen Gut und Böse auf die Bühne gebracht. 

Der Abend beginnt in gespannter Stille. Die Bühne liegt im Dunkeln, nur schemenhaft erkennt man im hinteren Teil eine düstere Gestalt mit einer gehörnten Maske und der Konzertina in den Händen. Vor ihm liegt auf einem Tisch ein Mädchen in einem weißen Kleid - wie ein Symbol für Reinheit und Unschuld. Der Gegensatz von Licht und Schatten, Gut und Böse, Göttlichem und Irdischem, begleitet den Menschen durch sein Leben und verleiht selbst den einfachsten, alltäglichen Handlungen eine tiefere Bedeutung. 

Der schwarze Vorhang fällt und enthüllt Tänzer in formellen Anzügen sowie Tänzerinnen in schwarzen Kleidern. Sie sitzen schweigend vor einem weißen Hintergrund, ihre Blicke sind auf das Publikum gerichtet. Plötzlich durchbricht das Weinen eines Kindes aus den Lautsprechern im Zuschauerraum die Stille, wodurch die Grenzen zwischen Bühne und Publikum durchlässig und verschwommen wirken. Sanfte Seufzer der Konzertina und das rhythmische Klopfen der Tänzer:innen mit Händen und Füßen füllen den Raum. Ein Tanzabend beginnt, in dem Musik und Stille, Moderne und Tradition, Mensch und Mythos ineinanderfließen. 

Michael Keegan-Dolan bringt mit MÁM die Vielfalt des Lebens auf die Bühne. Die Tänzer:innen der Compagnie Teaċ Daṁsa verkörpern die menschlichen Erfahrungen und Gefühle mit lebendiger Energie und fließender Dynamik. Irische Tanztradition trifft auf zeitgenössische Choreografie und Improvisation. Dabei entstehen Gruppenformationen, die wie uralte Rituale wirken - hypnotisch begleitet von den Klängen der Konzertina des Musikers Cormac Begley. Trotz der Einheit der Gruppe bleibt jeder Tänzer und jede Tänzerin als Individuum erkennbar. Solistische Elemente gehen fließend in harmonische Ensemble-Bewegungen über und schaffen so eine vielschichtige Choreografie. 

Als Gegenpol zur düsteren Gestalt des Musikers erscheint immer wieder das Mädchen im weißen Kleid. Beide beeinflussen die Tänzer:innen, als würden sie unsichtbare Fäden ziehen und so die Tanzstruktur gestalten. 

Später öffnet sich der weiße Vorhang und gibt den Blick auf das Berliner Musikensemble Stargaze vor einem blauen Hintergrund frei. Die modernen Jazz- und Klassikklänge wirken zunächst fremd und schaffen eine dissonante Spannung. Doch bald fügen sie sich harmonisch in das ritualisierteTanzgeschehen ein, das vor dem blauen Hintergrund wie ein Schattentheater wirkt: surreal und doch kraftvoll. 

In der finalen Szene steht das Mädchen im weißen Kleid im Licht. Die Tänzer:innen umringen es, schauen zu ihm auf und singen gemeinsam – ein ergreifendes Bild der Hoffnung, das die Dunkelheit überwindet und das Göttliche spürbar werden lässt. 

MÁM, inspiriert von der Schönheit und Rauheit der irischen Landschaft, spiegelt die Dualität des Lebens und die Widersprüche menschlicher Existenz wider. Was bedeutet es, Mensch zu sein? Wo liegt der Sinn im Chaos des Lebens? Durch Tanz und Musik wagt sich Michael Keegan-Dolan auf die Suche nach Antworten und lädt das Publikum ein, ihn auf dieser tief berührenden Reise zu begleiten. 

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