Tanzkritik

Eine „Notte“ zum Erinnern und Erstaunen

Auf der Bühne steht heute Abend nicht ein einziger Ennio Morricone, sondern viele. Mit diesen schachspielenden, nächtens tüftelnden Alter Egos kommen vielen Facetten dieses Genies ans Licht.

Mit einem Werk des spanischen Choreografen Marcos Morau ehrt die Kompanie CCN/Aterballetto die Erinnerung an den weltberühmten italienischen Komponisten Ennio Morricone. Am 23. November feierte Notte Morricone seine Österreich-Premiere in St. Pölten und wurde erstmals durch das Tonkünstler Orchester Niederösterreich mit Live-Musik aufgeführt. Die 16 Tänzer:innen sind Protagonisten eines eineinhalbstündigen Stücks voller Geschichte und Emotionen, das zurecht mit Standing Ovations bedacht wird. 

Nicht nur Musiker, Dirigent sowie zweifach Oscar-prämierter Komponist: Morricone war auch ein liebender Ehemann, ein Schachliebhaber und ein aufmerksamer Beobachter der menschlichen Seele. Die verschiedenen Facetten seines Lebens nehmen vor unseren Augen Gestalt an, sowohl dank zweier Tänzer, die ihn abwechselnd spielen, als auch dank Handpuppen, die seine Gesichtszüge aufweisen. Und natürlich, dank seiner musikalischen Kompositionen, die aus verschiedensten Kontexten und Epochen betrachtet durch den Raum hallen.

Je tiefer man in die Aufführung eindringt, desto mehr erweist sich der Tanz als perfektes erzählerisches Mittel. Dadurch werden berühmte Motive aus Westernfilmen neu interpretiert und mit einer unerwarteten Kraft versehen. Zum Crescendo der Musik L’Estasi dell‘Oro (The Ecstasy of Gold) bewegen sich die Tänzer unisono. Schnell und unglaublich scharf werden ihre Silhouetten von einem intensiven orangefarbenen Licht hervorgehoben, das von der Bühnenrückwand strahlt. Einen Moment lang scheint man sie auf einem Pferd reiten zu sehen, dann schwingen sie ihr Lasso in der Luft. Diese kurzen Augenblicke reichen aus, um bei Zuschauer:innen das Gefühl zu erwecken, dass sie nicht mehr in einem Theater, sondern in einem Kino sitzen.

Der Wunsch des Maestros, sein Publikum immer wieder zu überraschen, erreicht uns durch seine Stimme und seine Worte, die mit deutschen Untertiteln eingespielt werden. Dieser Wunsch wird zu einem integralen Bestandteil des Stücks selbst. Ein Beispiel davon ist das komplexe Bühnenbild, das keinen Moment der Ruhe zu haben scheint und einem ständigen Wandel unterliegt. So wird das Schachbrett, auf dem sich zwei Tänzer zu Beginn des Stücks gegenseitig herausfordern, erst zum Mischpult und dann zum Klavier. Genauso wird der Resonanzkörper eines echten Klaviers von einem Floß, das von einer Seite der Bühne zur anderen gezogen wird, zu dem Ort, in dem abschließend der Maestro und seine Erinnerung zur Ruhe kommen können.

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