Tanzkritik

Ein düsteres Märchen über das Erwachsenwerden

Oona Dohertys düster-poetisches Tanztheater „Specky Clark" entführt in eine Welt, in der Realität und Mythos eng miteinander verwoben sind

Es war einmal ein Junge namens Edward James Doherty, dessen behütetes Leben von bösen Geistern zerstört wurde. 

Allein steht die kleine, zitternde Gestalt auf der dunklen Bühne. Der zehnjährige Edward James, verkörpert von der Tänzerin Faith Prendergast, beginnt seine Reise nach Belfast – durch Finsternis und Wind, auf der Suche nach einem neuen Leben. Er findet Unterkunft bei seinen Tanten, erhält einen Spitznamen – Specky Clark – und einen neuen Job auf dem Schlachthof.

Oona Dohertys "Specky Clark" ist ein düster-poetisches Tanztheater, das die Zuschauer in eine Welt entführt, in der Realität und Mythos eng miteinander verwoben sind. Die melancholischen, klangvollen Melodien des irischen Quartetts Lankum verstärken die Atmosphäre des unausweichlichen Übergangs ins Erwachsenenleben.

Die Choreografie des Stücks ist expressiv und voller Symbolik. Die Tänzer, in der Rolle von Tanten und Schlachthofarbeitern, agieren grotesk – ihre Bewegungen sind übertrieben und präzise. Sie behandeln Specky Clark wie eine Puppe, kleiden und entkleiden ihn, tragen ihn wie ein Mannequin über die Bühne und lassen ihm keinen Raum zur eigenen Entfaltung. Er selbst zuckt, stolpert, bewegt sich unsicher – seine Tanzschritte sind bruchstückhaft, als hätte er noch keinen eigenen Ausdruck gefunden. Seine Nachahmung populärer Disco-Schritte erscheint komisch und unbeholfen. 

Doch dann kommt Samhain – die Halloween-Nacht, in der die Grenze zwischen den Welten durchlässig wird. Ein von ihm selbst geschlachtetes Schwein wird zu seinem Begleiter in die Anderswelt. Die Bühne wird in blutrotes Licht getaucht, während seltsame Geistergestalten erscheinen.

Hier verändert sich auch die Bewegungssprache: Die Tänzer:innen drehen sich in ekstatischen Kreisen – eine Mischung aus Sufi-Tanz und modernen Ecstatic Dance. Die Choreografie wirkt chaotisch, doch in dieser scheinbaren Unordnung entsteht eine eigene Harmonie. Jeder Tänzer entwickelt seinen individuellen Ausdruck, seine eigene Identität – und in diesem Moment findet auch Specky Clark seine eigene. Sein Tanz wird zu einem Dialog mit der Gruppe, ein individuelles Mosaikstück im größeren Gefüge. 

„Specky Clark, a series of theatrical images” wirkt wie ein düsteres Märchen über Selbstfindung. Humorvolle Elemente verweben sich mit ausdrucksstarkem Tanztheater und der surrealen Welt der irischen Mythen. Das kollektive Gedächtnis Irlands und Oona Dohertys persönliche Erfahrungen formen diese mythische Reise in die Samhain-Nacht. 

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