Spielplatz für Alltagshelden
Sinfonica Eroica, ursprünglich 1990 choreografiert, ist ein heiteres Tanzstück, das die Entwicklung sozialer Interaktionen ebenso wie Beziehungen auf humorvolle Weise darstellt.Heldentum ist das Leitmotiv der Choreografie und wird von den Tänzern in Michèle Anne de Meys Werk als Werkzeug zur Entwicklung von Beziehungen eingesetzt, sei es in Solos, zu zweit oder in Gruppen. Trotz Modifikationen der ursprünglichen Choreografie und dem frischen Input neuer, junger Tänzer, könnte man argumentieren, dass die Bewegungen der Tänzer etwas veraltet, aber dennoch charmant und zumeist auch interessant bleiben.
Weder die Tänzer noch die Choreografie zeigen originelle und/oder außergewöhnliche Bewegungen, doch gerade darin liegt oft die gelungene Verschmelzung von Musik und Tanz, zu einem Element. Dies lässt sich besonders in den Gruppentanzphrasen beobachten, in denen natürliche, frei fließende Bewegungen, die die Musik widerspiegeln, Vorrang vor tanztechnischer Bravour haben.
Beim Betreten des Auditoriums wird das Publikum mit einer offenen Bühne konfrontiert. Das ist ein typisches Merkmal vieler choreografischer Arbeiten heute, in den 1990er Jahren war das allerdings noch revolutionär. Wir sind eingeladen, nicht nur Zuschauer, sondern auch Teilnehmer des Bühnengeschehens zu sein. Mit anderen Worten: Die komplexen Interaktionen und Beziehungen werden auf das Publikum ausgeweitet. Dennoch stellt sich die Frage, wie notwendig dies ist. Mindestens die ersten fünf Minuten sind damit verbracht, dass die Tänzer miteinander reden und die Requisiten arrangieren. Man fragt sich: Wo sind die Bühnenarbeiter/Techniker?
Das Bühnenbild selbst stellt einen Spielplatz dar, vermutlich entspricht dies im abstrakten Sinne einem Spielplatz der Entwicklung menschlicher Emotionen, Beziehungen und Interaktionen. Eine horizontal über die Bühne verlaufende Seilrutsche ist ein wesentliches Element des Bühnenbildes und von größter Bedeutung für de Meys Choreografie. Sie soll helfen zum Ausdruck zu bringen, wie Heldentaten/Bewunderung im sozialen Miteinander eine wichtige Rolle spielen können, dargestellt durch das hohe Gleiten der Tänzer über ihre Mittänzer, oft begleitet von einem Crescendo in der Musik, das den Bewegungen zusätzliche Kraft verleiht.
Die Musik ist wunderbar. Fantastische klassische Komponisten wie Mozart, Beethoven und dazu Musik des Rockmusikers Jimi Hendrix spielen zweifellos eine wesentliche Rolle für den Erfolg des Tanzes. Die Musik verliert ohne den Tanz nie ihre Wirkung. Ob dieser Anspruch durch den Tanz aufrechterhalten werden kann, d.h. ob die Wirkung des Tanzes ohne die Musik erhalten bleibt, ist fraglich.
Der Luxus, die NÖ Tonkünstler als Live-Orchester für diese Aufführung genießen zu können, ist ein Segen für Publikum und Tänzer. Der Höhepunkt, wenn ein Tanzstück überhaupt einen Höhepunkt braucht, ist eine Wasserszene gegen Ende des Stücks. Die Tänzer hatten sichtlich Spaß daran, im/auf dem Wasser frei über die Bühne zu gleiten. Diese Szene entfachte, erstmals während der Aufführung, Applaus. Einige Zuschauer gingen vielleicht mit dem Wunsch nach Hause, sich ebenfalls im Wassersliden zu versuchen.
Kurz gesagt: ein unterhaltsames Tanzstück. De Meys Anspruch, ein Gesamtkunstwerk zu schaffen, wird teilweise erreicht.