Energie in Bewegung: Tanzstücke mit Live-Musik

Immer wenn sich der Klang einer Live-Band, eines Orchesters oder Gesang mit den fließenden Bewegungen von Tänzer:innen verbindet, entsteht eine besondere Magie – ein Dialog zwischen Tanz und Musik auf der Bühne.
Oliver Maus

Trommelwirbel, gespanntes Dröhnen, Musik, die sich aufbaut und in einem kraftvollen Höhepunkt entlädt – und die Körper, die sie in Bewegung versetzt. In der ersten Jahreshälfte 2025 zeigen unsere Tanzperformances, wie unterschiedlich Tanz und Live-Musik zusammen wirken können, einander verstärken, kontrastreichen Ausdruck finden oder einander spannungsgeladen gegenüberstehen.

Kraftvolle Rhythmen und bewegte Körper

Serge Aimé Coulibalys neue Arbeit C la vie – am 15/02 zusammen mit dem Faso Danse Théâtre im Festspielhaus St. Pölten – verspricht im Einklang mit Live-Musik eine ganz besondere Kraft zu entfalten. Der burkinische Tänzer und Choreograf lebt zwischen Frankreich, Belgien und Burkina Faso und kehrt zwischen seinen internationalen Arbeiten stets nach Bobo Dioulasso zurück. Um seine Batterien aufzuladen einerseits und um mit seinen Tänzer:innen neue künstlerischen Kreationen zu beginnen andererseits: „Es ist wie eine Rückkehr zur Quelle, ein fruchtbarer Boden, aus dem Energie entspringt. Es ist ein ständiges Brodeln, eine verrückte Energie“, so der Choreograf. Entstanden ist im aktuellen Fall eine kraftvolle Arbeit, angelehnt an traditionelle Initiationsriten.

Die Bühne vibriert von Beginn an, wenn mit dem Einsetzen von Perkussion – der Musiker Yvan Talbot operiert am Bühnenrand mit verschiedenen Drums – die Performer:innen nach und nach mit Masken auf die Bühne treten. Es wird dieser pulsierende Trommelsound sein, der von der ersten Sekunde an in seinen Bann zieht und über die gesamte Laufzeit nicht nur die Körper auf der Bühne in Bewegung versetzt. Es wird schwer sein, sich als Körper im Zuschauer:innenraum nicht ebenfalls von den Rhythmen bewegt zu fühlen. Jeder Schlag der Trommeln intensiviert das Erlebnis und macht das Publikum zu einem Teil des Geschehens. Begleitet wird das Spektakel außerdem von dem fesselnden Gesang der ivorischen Künstlerin Dobet Gnahoré. So ist C la vie nicht zuletzt eine Einladung, sich von dieser kraftvollen Energie mitreißen zu lassen und sich der Musik hinzugeben.

© Luca Truffarelli

Dunkle Klänge und surreale Erzählungen

Die Band Lankum, die den Großteil der musikalischen Untermalung zu Oona Dohertys neuer Arbeit Specky Clark, A series of theatrical Images beisteuert – am 07/03 als Premiere im deutschsprachigen Raum im Festspielhaus – vollführt in ihrer Musik eine Gratwanderung, zwischen (irischem) Folk und düster-dissonanter Industrial Music. Gleich der erste Track Go Dig My Grave ihres aktuellen Albums False Lankum, ein bemerkenswertes Musikstück mit achtminütiger Laufzeit, transformiert sich von sphärischer Ballade hin in eine Art Totenmarsch. Zu welchem künstlerischen Œuvre könnten diese Klänge wohl besser passen als zum kompromisslosen Schaffen der nordirischen Tänzerin, Choreografin und Künstlerin Oona Doherty. 

Ihre neueste Arbeit basiert auf der Geschichte ihres eigenen Urgroßvaters und entfaltet sich als ein mythologisch-surrealistisches Abenteuer, das vom Leben der Arbeiterklasse in Belfast erzählt. Die Handlung spielt in der Nacht von Samhain, dem keltischen Halloween – einem Moment, in dem der Schleier zwischen der Welt der Lebenden und der Toten am dünnsten ist. Genau in dieser Nacht erwacht ein geschlachtetes Schwein wieder zum Leben und eine surreale, düster-komische Reise beginnt.

Es sind die Klänge von Lankum, die diese transzendente Atmosphäre greifbar machen: Die Musik ist wie ein dichter Nebel, der sich langsam über die Bühne legt und das Publikum in eine unheimliche Welt entführt. Sie lässt den Raum vibrieren, die Luft flirren und begleitet die Bewegung der Tänzer:innen auf eine Art und Weise, die mehr ist als nur ein Hintergrund – sie wird zu einem pulsierenden Herzschlag der Inszenierung. Das bizarre wie schaurig-schöne Tanzstück kulminiert in einer rituellen Zeremonie, die von einer Coverversion von Ghost Town von The Specials begleitet wird, deren irrwitziger Reggae-Rock-Mix das surreale Gesamtbild noch intensiviert. Es ist, als ob die Musik selbst den Raum zum Leben erweckt, die Dunkelheit in greifbare Nähe rückt und eine faszinierende, fast magische Spannung erzeugt, die das Publikum tief in den Bann zieht.

© Julien Lambert

Entfesselte Lebensfreude

Wenn bei Serge Aimé Coulibalys C la vie die spannungsgeladenen Rhythmen die Körper der Tänzer:innen in Bewegung zu bringen scheinen und bei Oona Dohertys Specky Clark die Musik das Geschehen und die Atmosphäre verstärkt, so verschmelzen bei Michèle Anne De Meys Sinfonia Eroïca Tanz und Live-Musik zu einer hinreißenden Symbiose.  Seit seiner Entstehung im Jahr 1990 ist das Stück zu einem Klassiker des zeitgenössischen Tanzes geworden. 

Eine Gruppe von Männern und Frauen, ein Spielplatz und Ludwig van Beethovens dritte Symphonie, die Eroica: In diesem Zusammenspiel strömt das außergewöhnliche Wesen der Musik in jede Faser der Körper der Tänzer:innen. Sie verwandeln die Musik in Bewegungen, die sowohl aus der Musik als auch aus ihnen selbst hervorgehen. So entsteht ein Gesamtereignis, das von den lebendig werdenden Körpern getragen wird – ein einzigartiges Schauspiel, das in fast unangestrengter Hingabe aufgeführt wird. Mehr noch: Auch die Musik erzählt hier eine Geschichte. Die Zurschaustellung von Paso doble, spanischem Turniertanz und einem Gitarrenriff von Jimi Hendrix entmystifiziert den Pomp des Heldentums und seiner Triumphmärsche. Ergänzt wird das Stück durch die Ouvertüre von Mozarts Bastien und Bastienne.

Mit der Live-Musik des Tonkünstler-Orchesters  Niederösterreich, dirigiert von Ayrton Desimpelaere, erwacht die Sinfonia Eroïca zum Leben – im Festspielhaus St. Pölten am 29/03 – und verspricht, ein ganz besonderes Highlight dieser Saison zu werden. Eine Verschmelzung der Künste, die nur im Live-Moment erlebbar ist.

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